Babytagebuch #6

… inzwischen sind es eher Krümelbriefe, da man von einem „Baby“ nicht mehr reden kann

8. Juli 2024

Meine liebe Maus,

weißt du eigentlich, wie stolz ich auf dich bin?

Jeden Tag setzt du mich auf’s Neue in Erstaunen, wenn du mir schon morgens freudestrahlend im Flur entgegentapst und mir beim Frühstück schon ganz viel erzählst. Noch verstehe ich einiges nicht von dem, was du zu sagen hast. Wie gerne möchte ich wissen, was in deinem Kopf vor sich geht.

Wie toll du bei (fast) allem mitmachst. Die größte Veränderung des vergangenen Jahres war für uns beide dein Start in der Krippe. Ich habe mich vor dem Tag gefürchtet, an dem ich dich das erste Mal in fremde Hände geben muss und nicht bei dir sein kann. Schon nach der ersten Woche dort hast du begeistert beim Morgenkreis mitgemacht und dich über die anderen Kinder gefreut. Bei der Brotzeit hast du zwischen den anderen Kindern gesessen, als hättest du das schon immer so gemacht. Es macht mich glücklich, dich so glücklich zu sehen. Zu wissen, dass du gut aufgehoben bist und es dir gut geht ließ mir einen großen Stein vom Herzen fallen. Ich bin stolz auf dich!

Du wirst immer größer und selbstständiger, hast merklich deinen eigenen Kopf, den du immer häufiger durchsetzen möchtest. Du gibst beim Spazierengehen die Richtung an und gibst mir mit einem lauten „Komm“ oder „Mit“ zu verstehen, dass du mich dabei haben möchtest. Manchmal kann ich dir deinen Willen nicht gewähren, doch ich versuche, dir die Gründe dafür zu sagen, auch wenn du mich vielleicht noch nicht ganz verstehst. Ohne Zähneputzen ins Bett gehen ist einfach keine Option und bei Regenwetter mit Sandalen rausgehen auch ein kurzer Spaß, denn ich möchte nicht, dass du krank wirst. Manchmal habe ich es leider eilig und keine Zeit zu warten, bis du dich darauf einlässt, doch die vernünftige Schuhwahl zu tragen. Das tut mir leid, das ist wohl so ein Erwachsenending mit dem Stress.

Oft entschleunigst du meinen Alltag. Zum Beispiel wenn wir gemütlich aus der Krippe nach Hause gehen und du mich auf die ganzen Blumen und Steine aufmerksam machst. Und du bist mir jetzt schon eine große Hilfe. Es beeindruckt mich immer wieder auf’s Neue, wie schnell du eine Aufgabe erfasst und dann einfach beschließt zu helfen. Ob das nun das Tischdecken ist, das Umtopfen von den Zimmerpflanzen oder einfache Aufräumarbeiten.

Du und aufräumen, das ist sowieso ein eigenes Thema. Deinen Ordnungs“fimmel“ hast du weder von mir, noch von deinem Papa. Meistens räumst du bereitwillig deine Spielsachen auf, bevor es Abendessen gibt. Ich habe auch nur einmal den Fehler gemacht, deinen Hocker im Bad als Ablage zu verwenden und ich hätte nicht gedacht, dass du es mit deinen noch nicht einmal zwei Jahren schaffst, mir wegen meiner Unordnung ein schlechtes Gewissen zu machen. Dein einfaches „Oo“ angesichts meiner neben dem Bett abgelegten Kleidung hat gereicht (gemeinsam mit deiner Konsequenz, die Sachen aufzuheben und in den Wäschekorb räumen zu wollen). Womit habe ich dich verdient??? Unter uns: ich mag Ordnung sehr, sehr gerne. Ich brauche Ordnung in meinem Leben, doch das Ordnung halten bereitet mir teilweise Schwierigkeiten. Wobei mein Schreibtisch gerade tadellos aufgeräumt ist, im Vergleich zum letzten Mal. Noch.

Weißt du, wann ich auch stolz auf dich war? Bei der Beerdigung deiner Krippenleiterin hast du den Gottesdienst über interessiert und neugierig beobachtet, was um dich herum passiert und gleichzeitig super ruhig mitgemacht. Auf dem Weg aus der Kirche und zum Friedhof hast du Menschen zum Lächeln gebracht, und wie eine Große hast du deine Blume auf das Grab gelegt und einen Löffel lila Glitzer darüber gestreut. Ich weiß nicht, wie viel du an dem Tag davon verstanden hast, was um dich herum passiert. Darüber werden mit Gewissheit wir später nochmal sprechen, wenn wir dir von deinem ersten halben Jahr in der Krippe erzählen und von der liebevollen, offenen, musikalischen Krippenleiterin, die viel zu früh von uns gegangen ist.

Umso mehr bin ich für jeden Tag dankbar, den ich mit dir und deinem Papa verbringen darf. Jeder Tag ist ein Geschenk und wir sollten ihn entsprechend wertschätzen und genießen. Das sollten wir nicht vergessen. Die Zeit ist endlich. Und du hilfst mir dabei, jeden Tag immer wieder innezuhalten, langsamer zu gehen, aufmerksam zu sein für meine Umgebung und den Moment zu genießen. Wenn du deine kleinen Arme um mich schlingst und mich an dich drückst, wenn du dich ganz nah an mich kuschelst und wir eine Gute-Nacht-Geschichte lesen, wenn du mir freudestrahlend in der Krippe beim Abholen entgegen läufst – dann bin ich glücklich und für einen Moment steht die Zeit still und alles andere ist nicht mehr wichtig. Danke für dich!

Beiträge verpasst oder nochmal nachlesen? Kein Problem: hier geht es zum Babytagebuch #5.

Alle Blogbeiträge im Überblick gibt es hier.

4 Replies to “Babytagebuch #6”

  1. Das tut einfach so gut, deinen Blog zu lesen, das wärmt die Seele und tut gut:)

    Das mit der Ordnung, da könnte ich mich abömmeln vor Lachen

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