Anfang und Ente

The beginning is the most important part of the work.

Plato

Es gibt so viele schöne Zitate, die einen inspirieren und motivieren sollen Dinge anzupacken und anzugehen, anstatt sie auf morgen zu verschieben. Sprüche, die einem sagen:

„LEBE IM JETZT“

und

„TU MEHR VON DEM, WAS DIR GUT TUT“

Ich stimme dem voll und ganz zu. Doch gleichzeitig lächelt der kleine Perfektionist, der in mir steckt, über diese Sprüche und gibt zu bedenken:

„Hast du denn nun schon einen Plan?“

„Willst du nicht nochmal genau darüber nachdenken?“

„Was soll nur daraus werden, wenn du jetzt noch nicht genau weißt, wo du hin willst? Meinst du nicht, das geht schief?“

Ich könnte antworten, dass nach einer anderen Weisheit der Weg das Ziel ist und man eben nicht jede einzelne Etappe bis ins Detail vorhersehen kann, doch dann gebe ich klein bei und verschiebe das Anfangen auf morgen… oder auf einen anderen Tag.

Seien wir mal ehrlich: den richtigen Start in diesen Blog schiebe ich nun schon sehr lange vor mir her. Und noch ehrlicher: ich habe gerade keinen Plan. Um genau zu sein bin ich mir nur zweierlei Dinge in diesem Moment sicher.

Nummer eins: ich schreibe gerne und möchte einfach wieder regelmäßig schreiben.

Nummer zwei: ich weiß jetzt schon den letzten Satz dieses Beitrags. Im Grunde kam das Ende zuerst, und jetzt sehen wir mal, wie ich dahin komme. Nimmt das, kleiner Perfektionist!

Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich diesen Blog strukturiere, welchen roten Faden es gibt und wofür ich das eigentlich mache. Das alles ist einfacher, wenn man zum Beispiel für ein Jahr ins Ausland geht. Da kommen der rote Faden, die grobe Struktur und die interessierte Leserschaft mit dem Gesamtpaket.

Wie ist das nun?

Das Wofür – in erster Linie schreibe ich für mich. Das mag egoistisch klingen und doch ist es wahr, denn ich schreibe, weil ich gerne schreibe und ich schreibe über das was mich bewegt und wozu ich gerade Lust habe. Wenn das nicht mein primärer Beweggrund dahinter wäre, dann brauche ich nicht damit zu beginnen (vielleicht war das bisher das Problem).

Natürlich schreibe ich auch für jeden einzelnen, der diese Zeilen liest, mit der Hoffnung, dass die Leserschaft mit der Zeit immer größer wird. Doch aller Anfang ist klein. (Da sind wir wieder bei den Zitaten und Weisheiten)

Der rote Faden wäre in dem Fall meine Wenigkeit und was die Struktur angeht: mach die Augen zu, kleiner Perfektionist, da musst du jetzt mal so durch. Könnte ja was draus werden! Und wenn nicht hast du es mir ja laut genug vorher gesagt.

So weit, so gut.

Jetzt fehlen nur noch Zeit, Muße und Inhalte (und irgendeine geistreiche Brücke zum versprochenen Ende des Beitrags…).

Meine Inspiration nehme ich aus dem Alltag und viele Gedankenfetzen und Ideen kommen mir ausgerechnet in Situationen, in denen ich weder Stift noch Papier zur Hand habe. Wie beim Autofahren. Oder unter der Dusche. Oder bei meinen mittäglichen Spaziergängen am Fluss entlang.

Ich habe es probiert beim Gehen ein paar Notizen auf meinem Handy zu machen: keine gute Idee. Zum einen ist es gefährlich, weil die Laufrichtung nicht immer vorhersehbar ist und ein Zusammenstoß mit einem Radfahrer oder Fußgänger praktisch vorprogrammiert ist. Zum anderen wird mir auf Dauer leicht übel, wie beim Lesen im Zug oder Auto. Außerdem entginge mir dabei das Treiben der Enten, die ich nun schon seit fast zwei Jahren in meinen Mittagspausen beobachte. Sie faszinieren mich – vermutlich werde ich dabei in meine Kindheit zurück versetzt und in schöne Momente, in denen ich mit meinen Großeltern Enten füttern war. Ich weiß, man soll Enten nicht füttern, doch als schätzungsweise dreijähriger Zwerg habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht.

Heute beobachte ich sie, wie sie im glitzernden Sonnenlicht durch’s Wasser tollen, untertauchen und ihr Gefieder putzen. Wie sie an kühlen nebeligen Herbsttagen am Ufer liegen, den Schnabel unter die Flügel gesteckt und mir damit aus der Seele zu sprechen scheinen. Im Frühjahr freue ich mich auf die Entenbabies, schaue ihnen bei ihren abenteuerlichen ersten Runden durch seichtes und strömendes Gewässer zu und zähle jeden Tag nach, ob noch alle da sind.

So gibt es immer etwas zu sehen. Und manchmal würde ich gerne mit ihnen tauschen und mich den Nachmittag über, statt zurück in die Arbeit zu gehen, einfach treiben lassen.

Ente gut, alles gut.

2 Replies to “Anfang und Ente”

  1. Immer wieder mal hab ich nachgesehen, ob es wieder neue Beiträge in deinem Blog gibt. Jetzt schon länger nicht mehr. Umso größer ist nun meine Freude, dass es Neues zu entdecken gibt. Danke fürs Schreiben und fürs Teilhabenlassen.

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