Hinweis: dieser Beitrag entstand im vergangenen Juni und hat nun eine ganze Weile darauf gewartet, noch einmal gelesen und dann veröffentlicht zu werden. Warum es so lange gedauert hat? Gute Frage! Wenn ich mir jetzt jedoch noch einmal durchlese, was ich bereits im Juni geschrieben habe, schüttel ich über mich selbst den Kopf. Da war die Hürde so groß und die Lösung hatte ich mir selbst aufgeschrieben. Nur wieder aus den Augen verloren. Wie oft geht es uns wohl im Alltag genau so?

Mitten am Tag und ich habe einen Moment für mich, einen längeren Moment, bis ich unsere Kleine von der Krippe abholen gehe. Im Hintergrund läuft ein Lied in Dauerschleife und ich sitze vor dem Laptop. Nutze die Zeit zum Schreiben habe ich mir gesagt. Die Zeit ist so kostbar und die anderen Dinge können gerade warten. Mach einfach…
Ein komisches Phänomen: ich sehne mich nach diesen Momenten für mich im Alltag und wenn sie dann da sind, scheine ich schier überfordert mit den ganzen Möglichkeiten, Ideen und offenen Projekten im Kopf. Am liebsten würde ich alles machen und kann mich nicht entscheiden, womit ich beginne. Dann hüpfe ich oft von einer Sache zur nächsten und mache im Endeffekt nichts richtig.
Beruflich bedingt verbringe ich viel Zeit im Auto und fülle diese Stunden vermehrt mit Podcasts. Wahrscheinlich hält es sich die Waage: die Hälfte der Zeit höre ich Podcasts (und manchmal ein Hörbuch) und die andere Hälfte der Zeit verbringe ich mit meinen Gedanken. Ich kann gut mit meinen Gedanken alleine sein. Dabei kommen mir manchmal tolle Ideen – die ich dann natürlich beim Fahren nicht aufschreiben kann. Das ist typisch. Die besten Ideen kommen in unmöglichen Momenten. Unter der Dusche. Im Auto. Dann, wenn man sie nicht aufschreiben kann. Wenn die Gedanken spazieren gehen dürfen, ohne dass man sie durch andere Reize in geordnete Bahnen lenkt. Vielleicht gerade deshalb. Setze ich mich jedoch mit dem festen Vorhaben an den Schreibtisch, etwas zu schreiben, herrscht Leere.
Einfach anfangen! – wurde mehrfach in Interviews von AutorInnen als Tipp gegeben. Simple as it is.
Das lässt sich auch auf andere Lebensbereiche übertragen. Erst letzte Woche hatte ich die Unterhaltung darüber, wie viel Sicherheit ich brauche, um mit gutem Gefühl eine Sache zu beginnen. Ich springe nicht gerne ins kalte Wasser – im sprichwörtlichen wie im wörtlichen Sinne. Doch man kann sich nicht auf alle Eventualitäten vorbereiten. Manchmal muss man einfach anfangen, springen und drauf vertrauen, dass man schwimmt und im Zweifel aufgefangen wird.
Und ein wichtiger Konsens, den ich aus den Podcasts mitgenommen habe: Übung macht den Meister.
Man läuft nicht von heute auf morgen einen Marathon, ohne ausreichend dafür trainiert zu haben. Man setzt sich nicht einfach zum ersten Mal auf ein Fahrrad und fährt und genauso brauchen die kreativen Prozesse Übung. Zeichnen kann man lernen, genauso wie das Schreiben. Mit der entsprechenden Begabung fällt es einem leichter und die Leidenschaft und Hingabe sind vermutlich für die letzten 20% verantwortlich, für das i-Tüpfelchen. Für das „gewisse Etwas“. Die Leidenschaft und Hingabe sind das, was die LeserInnen und BetrachterInnen spüren und was wiederum in ihnen etwas auslöst.
Ich bin in mich gegangen und habe festgestellt: früher konnte ich das. Einfach anfangen. Ich habe mich hingesetzt und gezeichnet, gemalt, geschrieben.
Heute mache ich mir zu viele Gedanken über das wofür und wie. Welches ist mein Ziel und wie komme ich dahin? So lernt man es in der Schule. Handlungsplanung. Ein Schritt folgt auf den nächsten und wenn ich die einzelnen Stationen vorhersehe, kann ich mich darauf vorbereiten. Das mag in vielen Zusammenhängen der richtige Ansatz sein. Doch das Leben lässt sich (selten) auf diese Weise vorausplanen. Wie hätte sich mein Leben entwickelt, wenn ich nicht hier und da eine Abzweigung genommen oder eine Wendung hingelegt hätte? Ich stelle es mir langweilig vor. Auf jeden Fall wäre ich nicht hier und jetzt – mit den zwei Lieblingsmenschen an meiner Seite. Und wer weiß, wer ich wäre.
Einfach anfangen.
Nicht später. Nicht morgen.
Jetzt!


Heutiger Soundtrack meines Lebens: „Simple as it is“ von Max Grimm
